Im Bild: Stadtspaziergang über den Lindenplatz. Architektin Anne Gruber (Zweite von links) erläutert, wie nach ihrer Überzeugung die Heilsbronner Kernstadt mit Leben gefüllt werden kann. Foto: Eckard Dürr
Fränkische Landeszeitung LOKALES Montag, 13.05.19
Die Kernstadt braucht mehr Wohnraum
Architektin Anne Gruber stellt in Heilsbronn das Ergebnis ihrer Masterarbeit vor – Ihre Überzeugung: Leben mehr Menschen im Zentrum, kommen Geschäfte zurück
von ECKARD DÜRR
HEILSBRONN – „Wie Pilze aus dem Boden“ wachsen an den Rändern der Münsterstadt die Einfamilienhäuser. Und gleichzeitig leert sich der historische Kern von Menschen und Geschäften. Man könne erfolgreich gegensteuern, meint Architektin Anne Gruber. In einer prämierten Masterarbeit hat sie untersucht, mit welchen Instrumenten.
Es sei kein Zufall, dass der Stadtkern veröde, so Gruber, die von den Fraktionen der Freien Wähler und der Grünen eingeladen war. Seit 70 Jahren werden Siedlungen mit Einfamilienhäusern gebaut. Auch die Geschäfte des täglichen Bedarfs haben sich an den Stadträndern angesiedelt. „Es gibt keinen Grund mehr, in die Innenstadt reinzugehen“, stellt sie fest. Man schaffe mit der „Entdichtung“ des Wohnens zusätzlichen Autoverkehr mit entsprechenden Belastungen. „Eine Abwärtsspirale“, sagt sie. Vor zwei Jahren zählte sie 22 gewerbliche Leerstände innerhalb der Klostermauer.
So weit die Analyse von Architektin Gruber, die von den Zuhörern im übervollen Bürgertreff geteilt wird. Jedoch habe Heilsbronn ein Poten zial, auf das „andere Städte neidisch“ seien. vor allem ein ehemaliges Kloster mit immer noch zahlreichen prägenden Gebäuden. Dieses Potenzial sei zu nutzen. Einige ihrer Vorschläge lauten: die Grünflächen zugänglich machen, den Plätzen in der Hauptstraße „Aufenthaltsqualität“ geben, die Gebäude aus der Klosterzeit hervorheben. Vorschläge, bei denen Bürgermeister Dr. Jürgen Pfeiffer und Stadträte zustimmend nicken, weil sie in die gleiche Richtung denken und bereits entsprechende Entwürfe haben anfertigen lassen.
„Wenn sich eine kritische Masse bildet, kann man den Trend wieder umkehren.“
Weniger im Rathaus bedacht ist ihr weitergehender Ansatz: In der Kernstadt müsste mehr Raum für qualitätsvolles Wohnen zur Verfügung gestellt werden. Nicht das Gewerbe solle die Menschen in das Zentrum ziehen. Sondern dort sollten so viele Leute wohnen, dass sich dort wieder Geschäfte ansiedeln. „Wenn sich eine kritische Masse bildet, kann man den Trend wieder umkehren.“
„Attraktiver Wohnraum vom kleinsten Appartement über die Wohngemeinschaft bis zum Reihenhaus kann man sich in der Kernstadt vorstellen“
Architektin Gruber hat sich für ihre Masterarbeit die Innenstadt genau angeschaut und Platz für Wohnungen gefunden. Etwa in den Höfen hinter den Straßenhäusern, wo Schuppen, Garagen und teils auch große Gärten vorhanden sind. Sie hat unsanierte Häuser gefunden, die nur von wenigen Menschen bewohnt werden. „Attraktiver Wohnraum vom kleinsten Appartement über die Wohngemeinschaft bis zum Reihenhaus kann man sich in der Kernstadt vorstellen“, sagt sie. Als Zielgruppe sieht sie gerade Senioren, die heute in viel zu großen Einfamilienhäusern mit Gärten lebten. Die könnte man für junge Familien freímachen
und so Zersiedelung vermeiden.
Professor Hubert Kress, seit zehn Jahren Stadtplaner in Heilsbronn, sieht in der Masterarbeit einen „ganz ausgezeichneten Impulsgeber“. Den nächsten Schritt müssten Politiker machen. Architektin Gruber sieht in ihrer „fixen Idee“ eine Vision für die
nächsten drei Jahrzehnte.